Gesamtbeschreibung
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine intrinsische Hybridschnittstelle und ihren Fertigungsprozess zu entwickeln und zu erforschen, deren belastungsoptimierter lagenweiser Aufbau eine gleichmäßige Krafteinleitung am Übergang von metallischen Strukturen in hochbelastete, komplexe Faserkunststoffverbundstrukturen erlaubt. Hierzu wird ein intrinsisch hergestellter mehrlagiger Einleger (Multilayer-Insert MLI) entwickelt, der eine neuartige Schnittstelle für diese partielle Strukturanbindung bildet. Die hier betrachteten FKV-Strukturen können zukünftig beispielsweise im Flugzeugbau oder auch im Automobilbau eingesetzt werden.
Im intrinsischen Hybridisierungsprozess werden mehrere aufeinander folgende metallische Einzellagen im generierenden Lagenaufbau des Automated Fiber Placement-Prozesses (AFP) sukzessive in einem automatisierten Ablegeprozess zu einem MLI aufbaut. Die Orientierung der Einzellagen, deren Form und auch deren Materialeigenschaften sind jeweils an die Anforderungen der Schnittstelle optimiert. Die Integration des MLI vermeidet eine Aufdickung des Laminats.
Anschauungsbeispiel Multilayer-Insert
Das Anschauungsbeispiel zeigt die Idee des neuen MLI (b) im Vergleich zu einem konventionellen Insert (a). Das MLI baut auf einer Grundplatte z. B. mit einem zentrierenden Stehbolzen auf. Mit fortschreitendem Ablageprozess werden weitere Einzellagen des MLI zentriert auf den darunter befindlichen Lagen aufgesetzt. Ihre Form orientiert sich an der Faserausrichtung in den benachbarten FKV-Lagen. Um den Einschränkungen des AFP-Prozesses beispielsweise durch einen zentrierenden Bolzen Rechnung zu tragen, befinden sich in seiner Umgebung Materialzusätze, die den Bereich ausfüllen, der vom Legekopf nicht mehr erreicht werden kann. Sie sind hier so gestaltet, dass die Tows um sie herum abgelegt werden (c) oder bis zu einem zusätzlichen Prepreg-Patch an den Bolzen herangelegt werden können (d).
Zur Erreichung des Entwicklungsziels erfolgt eine enge Zusammenarbeit zwischen der Simulation und Auslegung, der Werkstoffwissenschaft und der Produktionstechnik. Es wird der Prozess der Hybridisierung innerhalb der Herstellung von FKV-Strukturen mittels AFP-Technologien und einem neu konzipierten Endeffektor zur prozessintegrierten Ablage der metallischen Einzellagen des MLI entwickelt und untersucht. Zur Steigerung der Prozesssicherheit bei der Herstellung von komplexen Strukturen wird ein simulationsgestützter Überwachung- und Regelungsansatz erarbeitet und in das System implementiert. Es werden speziell für die besonderen Anforderungen der Lasteinleitung senkrecht zur Ebene des Laminates Materialien für die Einzellagen des MLI bestimmt und qualifiziert sowie das Grenzschichtverhalten der Materialkombination im FKV ermittelt. Für die Auslegung der MLI als Hybridisierungselement werden Modelle des Materialverhaltens im Prozess und in der Anwendung entwickelt. Mit Berücksichtigung dieser Modelle werden Berechnungsmodelle zur lastoptimalen Auslegung und Gestaltung von MLI-Einzellagen und zur Ermittlung des Einflusses von MLI auf das Tragverhalten hybridisierter Hochleistungs-Laminate bestimmt. Einhergehend mit der Validierung der in den Untersuchungsschwerpunkten entwickelten Methoden und Prototypensysteme erfolgt eine Technologiepotentialanalyse für zukünftige neue Anwendungsbereiche.
Teilbeschreibung
Produktion
Produktionstechnik (IFW)
Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover befasst sich auf dem Gebiet der Produktionstechnik mit der Entwicklung und Untersuchung eines Hybridisierungsprozesses zur Herstellung von FKV-Strukturen mit eingearbeiteten MLI auf Basis von AFP-Technologien.
Hierzu wird zunächst ein prototypisches Ablagesystem entwickelt, welches in einen am IFW bestehenden Fiber Placement Legekopf integriert wird. Die Entwicklung zielt darauf ab, die einzelnen Metalllagen des Inserts unmittelbar im Fiber Placement Prozess abzulegen, über gezielte Schnittoperationen die angrenzenden CFK-Materialstreifen zuzuschneiden und den Verbund aus Einlegern und FKV-Laminat mittels Andruckeinheit in einem Schritt zu konsolidieren.
Über ein zu integrierendes Optisches Messsystem wird die korrekte Lage metallischen Einleger überprüft. Hierzu wird ein Detektionsalgorithmus entwickelt, der neben der Ablagequalität auch Korrekturinformationen für den CFK-Materialzuschnitt ermittelt. Im Anschluss findet eine Analyse des prototypischen Ablagesystems unter Berücksichtigung von Prozesswechselwirkungen und Störgrößen statt. Mit Hilfe der Ergebnisse aus den experimentellen Untersuchungen wird eine simulationsgestützte Prozessüberwachung und -regelung entwickelt. Es gilt herauszufinden, inwieweit qualitätsrelevante Größen die Anbindung des Einlegers an das umliegende Laminat sowie die Legequalität des Laminats direkt erfasst oder über ein Modell prognostiziert werden können. Der Überwachungs- und Regelungsalgorithmus wird in das Ablagesystem implementiert und der Hybridisierungsprozess am Beispiel der Fertigung einer hochbelasteten Teststruktur verifiziert. Zur anschließenden Verbindung der metallischen Einzellagen werden verfügbare Verbindungstechnologien verglichen und die drei aussichtsreichsten weiter untersucht. Hierbei stehen der Erkenntnisgewinn über die thermomechanische Beeinflussung des FKV-Laminats durch den Fügeprozess in der Grenz- und Übergangsschicht sowie die mechanischen Eigenschaften der Verbindung im Vordergrund.
Abschließend wird in einer Potentialanalyse der entwickelten Technologie erhoben, welche zusätzlichen Technologieapplikationen zukünftig erschließbar sind und ggf. Handlungsfelder für weitere Forschungsbedarfe aufzeigen.
Kontakt
www.ifw.uni-hannover.de
Antragsteller:
Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena
Leibniz Universität Hannover
Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW)
An der Universität 2
30823 Garbsen
Tel.: +49 (511) 762-2553
denkena@ifw.uni-hannover.de
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Lukas Groß
IFW - Forschungszentrum CFK Nord
Ottenbecker Damm 12
21684 Stade
Tel.: +49 (4141) 77638-19
gross@ifw.uni-hannover.de
Werkstoffkunde
Das Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK) der TU Clausthal befasst sich im Bereich der Werkstoffkunde mit der Entwicklung empirischer Modelle für das Grenzschichtverhalten von Aluminium-MLI mit ausgewählten Beschichtungen unter Berücksichtigung mechanischer Eigenschaften und Korrosionsneigung. Es erfolgt im ersten Schritt eine systematische Analyse und Bewertung marktverfügbarer Beschichtungen für Aluminium in Bezug auf ihr Haftverhalten und Isolationsvermögen gegen galvanische Kontaktkorrosion. Der Einfluss von statischen und dynamischen Lasten auf die Eigenschaften des Korrosionsschutzes wird untersucht und die Neigung der Beschichtungen zur Mikrorissbildung analysiert.
Neben Aluminium als FML-Werkstoff wird Edelstahl für den Einsatzzweck untersucht. Hierbei werden verschiedene Oberflächenvorbehandlungen zur Verbesserung des Anhaftungsverhaltens zwischen Matrix und Metall erprobt und die hergestellten Verbindungen mechanisch charakterisiert. Die Ergebnisse aus den mechanischen Tests fließen in die Simulation des Grenzschichtverhaltens ein. Es erfolgt ein Abgleich der Erkenntnisse mit dem Wissensstand zu CFK/Titan-Verbindungen. Des Weiteren wird das Kompaktierungsverhalten der verschiedenen Faser-Metall-Laminate (FML) für unterschiedliche Insertgeometrien und -aufbauten für ein ausgewähltes Prozessparameterfeld untersucht und empirisch modelliert. Die Erkenntnisse fließen in die Simulationsgestützte Prozessüberwachung und -regelung des prototypischen Ablagesystems.
Im Bereich des Fügens von einzelnen Lagen des MLI durch thermische Fügeprozesse wird der Einfluss der Prozesstemperatur auf die Matrix und hieraus eventuell auftretende Matrixschädigungen bewertet. Es gilt herauszufinden, welche maximale Erwärmung für die Matrix zulässig ist und die Orte maximaler Erwärmung zu identifizieren. Es werden die Wärmeleiteigenschaften der metallischen Multilageneinleger und jene des FKV als Funktion der Temperatur erhoben und in ein Modell überführt. Zudem werden mechanische und thermische Wechselwirkung der FML untersuchen. Ergebnis dieser Arbeiten sind die notwendigen Parameter, welche das Fügen ohne Matrixschädigung erlauben. Abschließend erfolgen Untersuchungen zum Langzeitverhalten der Grenzschicht von MLI bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen, woraus Grenzen der Einsetzbarkeit von MLI abgeleitet werden.
Kontakt
www.puk.tu-clausthal.de
Antragsteller:
Dr.-Ing. Dieter Meiners
Technische Universität Clausthal
Leiter des Instituts für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK)
Agricolastraße 6
38678 Clausthal-Zellerfeld
Tel.: +49 (5323) 72-1910
dieter.meiners@puk.tu-clausthal.de
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Jonathan Serna
PuK - Forschungszentrum CFK Nord
Ottenbecker Damm 12
21684 Stade
Tel.: +49 (4141) 77638-18
jonathan.serna@tu-clausthal.de
Simulation und Auslegung
Das Institut für Flugzeugbau und Leichtbau (IFL) der TU Braunschweig befasst sich im Bereich der Simulation und Auslegung mit der Untersuchung des Einflusses metallischer Störelemente auf die Eigenschaften von FKV-Laminaten und der Erstellung von Berechnungsmodellen für deren Schädigungsverhalten.
Hierzu werden die auftretenden Phänomene lokaler metallischer Störelemente experimentell untersucht und in Berechnungsansätzen für eine spätere anforderungsgerechte Gestaltung aufbereitet. Der Einfluss von Mikrorissentstehung und Delamination am Übergang von ausgesparten FKV-Lagen zu Metalleinlegern wird auf Basis von Berechnungsmodellen (z. B. Repräsentative Volumenelemente, Kohäsivzonenelemente) erhoben. Die erarbeiteten Modelle werden wiederum für die Analyse des Tragfähigkeitsverhaltens von MLI weiter entwickelt. Betrachtet werden am einzelnen Einleger Belastungen in der Laminatebene und senkrecht dazu. Als Parameter wird die Geometrie der Einleger gezielt variiert. Es erfolgt eine Modellvalidierung im Experiment.
Zur Beurteilung der Herstellbarkeit der Einleger und der automatisierten Einbringung durch das prototypische Ablagesystem werden Kriterien gemeinsam mit der Produktionstechnik erarbeitet, formuliert und in einen Berechnungsablauf integriert. Die Gesamtheit der validierten Berechnungsmodelle wird dazu genutzt, eine umfassende Analyse für gegebene Ausprägungen von Metalleinlegern in einem definierten FKV-Umfeld durchzuführen. Als Resultat sind Aussagen über ertragbare Temperaturbereiche, Belastbarkeit des Einlegers und des Laminats möglich. Aufbauend wird die Belastbarkeit der gesamten Baugruppe in Abhängigkeit von Ausprägung und Abfolge der Einleger modelliert und simulativ untersucht. Zudem werden Effekte untersucht, die aus der Interaktion mehrerer Einleger entstehen, bspw. durch die Temperaturbeeinflussung bedingte Eigenspannungen und Laminatverformung während der Fertigungs- und Nutzungsphase des MLI.
Basierend auf den vorangegangenen Berechnungsansätzen werden Anforderungsgerechte Konstruktionen von Krafteinleitungsbaugruppen mit Hilfe von Optimierungensalgorithmen für eine Auswahl gefundenen Anwendungsmöglichkeiten erzeugt.
Kontakt
www.tu-braunschweig.de/ifl
Antragsteller:
Prof. Dr.-Ing. Peter Horst
Technische Universität Braunschweig
Leiter des Instituts für Flugzeugbau und Leichtbau (IFL)
Herrmann-Blenk-Straße 35
38108 Braunschweig
Tel.: +49 (531) 391-9901
p.horst@tu-bs.de
Ansprechpartner:
M. Sc. Alexander Herwig
IFL - Forschungszentrum CFK Nord
Ottenbecker Damm 12
21684 Stade
Tel.: +49 (4141) 77638-17