Gemeinsam neue Herausforderungen in der Produktion angehen
Anfang Februar lud die chinesische Staatsbehörde für Angelegenheiten ausländischer Experten (State Administration of Foreign Experts Affairs) 11 Experten aus aller Welt ein, am „Foreign Experts Consultation Symposium“ in Peking teilzunehmen, um ihre Einschätzungen zur aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Chinas vorzustellen. Prof. Jürgen Fleischer, Institutsleiter am wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie, war einer von ihnen. In seinem 20-minütigen Vortrag thematisierte er vor allem die Anforderungen an moderne Produktionssysteme und einer innovationsgetriebenen Wirtschaft.
Die fortgeschrittene Fertigung steht heute vor allem zwei Herausforderungen gegenüber: der Nachfrage nach maßgeschneiderten Produkten und dem effizienten Einsatz von Ressourcen sowie Materialien. „Produkte werden immer komplexer und ihre Lebenszyklen immer kürzer“, erklärt Fleischer. „Unternehmen müssen flexible, konfigurierbare und robuste Produktionssysteme schaffen, um diesen Bedarfen gerecht zu werden.“ Ein wichtiger Schlüsselfaktor hierfür seinen intelligente, autonome Anlagen, die selbstlernend Produktionsprozesse verstehen und schnell umsetzen. Eine weitere Herausforderung, vor der die chinesische Industrie steht ist die effiziente Nutzung von Ressourcen. „Für Unternehmen ist es von großer Bedeutung, Material so wirtschaftlich wie möglich zu nutzen“, sagt Fleischer. Dies erfordere, neue Recycling-Technologien und entsprechendes Equipment zu entwickeln. „Um beide Herausforderungen zu meistern, müssen deutsche und chinesische Forschungseinrichtungen und Unternehmen eng zusammenarbeiten“, betont Fleischer. „Nur so lassen sich zukünftige Produktionssysteme modular, flexibel, energieeffizient und autonom gestalten.“
Ein weiterer wichtiger Impuls für die zukünftige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft sind neuartige Technologien und Anwendungen: „Innovationen können nur dann entstehen, wenn Forschung und Industrie zusammenarbeiten und ihr Wissen teilen.“ Um innovativ zu sein, müsse China daher zwei Ansätze verfolgen: Zum einen müssen Forschung und Industrie stärker zusammenwachsen. Projekte zwischen Industrie und Hochschulen sollten Kooperationen aufbauen und vertiefen. Wichtig sei in diesem Zuge auch, eigenständiges Denken zu fördern und durch methodisches Training zu stärken. „Zum anderen müssen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gefördert werden, denn hier entsteht Innovation“, so Fleischer. „Entwicklungen im Maschinen- und Anlagenbau werden besonders in KMU vorangetrieben.“ Intelligente sowie robuste Produktionssysteme und Innovationsförderung seien auch Grundvoraussetzungen für den Aufbau der „Belt-and-Road Initiative“, die auf den Aufbau einer neuen Seidenstraße abzielt. Sie soll China, Asien, Europa und Teile Afrikas in einem technischen und sozialen Infrastrukturnetz verbinden.
Neben dem Symposium war Fleischer auch Gast bei einem Empfang des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang. Vor 60 geladenen Gästen aus aller Welt betonte Fleischer noch einmal, dass die Herausforderungen des schnellwachsenden chinesischen Marktes und der zunehmenden Digitalisierung nur gemeinsam bewältigt werden können: „Die Nachfrage, in kurzer Zeit „maßgeschneiderte“ Produkte zu bekommen, wird auch in China stark zunehmen.“ Dies können nur Produktionssysteme leisten, die aus validierten Modulen mit klaren Schnittstellen bestehen, die konfiguriert werden können. „Dieser modulare Ansatz ermöglicht, verschiedene lokale und internationale Partner, und insbesondere KMU, einzubeziehen“, so Fleischer. Ein Pilotprojekt für diese Zusammenarbeit ist das deutsch-chinesische Projekt I4TP: Ziel ist eine softwaregestützte, internetbasierte Plattform, mit der schnell und einfach schlüsselfertige Produktionssysteme konfiguriert und implementiert werden können. Das wbk hat das Projekt gemeinsam mit der Tongji University in Shanghai ins Leben gerufen.