Projektbeschreibung AgiloDrive: Entwicklung und Implementierung eines agilen Produktionssystems für die technologie- und stückzahlflexible E-Motoren-Produktion
Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels, des wachsenden Umweltbewusstseins der Bevölkerung sowie der Endlichkeit fossiler Energieträger ist bis in das Jahr 2030 und darüber hinaus von einem stetig steigenden Absatz teil- und vollelektrischer Fahrzeuge in allen Marktsegmenten auszugehen, um die ambitionierten Energie- und Emissionsziele im Sektor Mobilität zu erreichen. Unabhängig von der Art des eingesetzten Energiespeichersystems nimmt der elektrische Traktionsmotor eine zentrale, leistungs- und effizienzbestimmende Rolle in Fahrzeugen mit elektrifiziertem Antriebsstrang ein und muss in einer Stückzahl, Qualität sowie Leistungsdichte produziert werden, welche sich signifikant von bisherigen Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau sowie der Haushalts- und Elektroindustrie unterscheidet. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden und damit die Voraussetzungen für eine flächendeckende Elektrifizierung des Verkehrs zu schaffen, sind die Entwicklung neuartiger Produktionstechnologien sowie deren nachfolgende Befähigung für den industriellen Einsatz erforderlich. Eine volatile Nachfrage nach Mobilität, veränderliche rechtliche Rahmenbedingungen sowie dynamische technische Weiterentwicklungen führen derzeit zu einer hohen Unsicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Stückzahlen und eingesetzten Technologien – bei einer gleichzeitig potenziell hohen Kundennachfrage nach elektrischen Mobilitätslösungen.
Vor diesem Hintergrund stellt die im Rahmen des Forschungsvorhabens adressierte Entwicklung und Implementierung eines agilen Produktionssystems für elektrische Traktionsmotoren einen nachhaltigen Ansatz zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen dar. Auf Grundlage eines integrierten Entwicklungsprozesses produkt- und produktionsspezifischer Technologien soll im Forschungsvorhaben ein varianten- und technologieflexibles Produktionssystem für eine wirtschaftliche Herstellung elektrischer Traktionsmotoren in skalierbarer Stückzahl geschaffen werden. Hierdurch können als Antwort auf volatile Märkte kostensenkende Skaleneffekte auch über verschiedene Produktbaureihen und Fertigungstechnologien hinweg generiert und somit die Elektromobilität wirtschaftlich in die Energiewende integriert werden. Das Forschungsvorhaben leistet daher insbesondere im stark vom Transformationsprozess betroffenen Land Baden-Württemberg einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Automobil- und Maschinenbaustandortes Deutschland.
Ausgangssituation:
Elektrische Traktionsmotoren werden zum heutigen Zeitpunkt zumeist entweder in niedriger Stückzahl und mit geringer Produktivität in teilautomatisierter Werkstattfertigung unter Einbeziehung manueller Prozessschritte oder aber in hochspezialisierten und unflexiblen Transferstraßen in vom Anwendungsfall abhängiger Motortopologie und Produktionstechnologie gefertigt. Insbesondere Traktionsmotoren mit maximaler Volumenleistungsdichte, wie diese zum Beispiel in hochintegrierten Hybridmodulen eingesetzt werden, erfordern nach heutigem Stand den Einsatz von Hochleistungsmagneten, welche einen signifikanten Bedarf an versorgungskritischen Metallen der Seltenen Erden aufweisen. Während sich im Bereich des klassischen Antriebsstranges über Jahrzehnte hinweg eine integrierte Entwicklung von Produkt, Produktions- und Validierungssystem unter Einbeziehung digitaler Methoden etablieren konnte, ist der industrielle Entwicklungsprozess von Traktionsmotoren in der Regel noch immer durch die Arbeit in disziplinspezifischen Expertenteams geprägt. Die Befähigung neuartiger Produktionsprozesse wird zumeist an Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie Komponentenlieferanten ausgelagert, welche diese unter hohem Kostendruck und in starker gegenseitiger Konkurrenz vorantreiben. Der Transformationsprozess hin zu elektrifizierten Antriebslösungen führt daher schon heute zu einem langfristigen Strukturwandel in der Zulieferindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau, welcher insbesondere vor dem Hintergrund volatiler Absatzmärkte und veränderter Kompetenzanforderung eine große Herausforderung für die betroffenen Unternehmen darstellt. Eine dem Stand der Technik entsprechende E-Motoren-Produktion zeichnet sicher daher insbesondere durch die nachfolgenden Merkmale aus:
- Beschränkung der Wirtschaftlichkeit auf hohe Stückzahlen sowie
- geringe Technologie- und Variantenvielfalt durch den Einsatz hochproduktiver aber starrer Produktionssysteme.
- Einsatz kritischer Rohstoffe (insbesondere Metalle der Seltenen Erden) sowie
-anwendungsspezifischer Produktdesigns und Fertigungsverfahren zur Erzielung der geforderten Leistungsdichten.
Herausforderungen und Ziele:
Die zentrale Herausforderung des Forschungsvorhabens stellt die wissenschaftlich-technische Implementierung und Validierung eines agilen Produktionssystems für die wirtschaftliche, technologie- und stückzahlflexible Herstellung elektrischer Traktionsmotoren auf Grundlage eines integrierten Entwicklungsprozesses zukunftsrobuster Produkt- und Produktionsbaukästen dar. Aus dieser ganzheitlichen Zielsetzung resultieren die nachfolgenden Teilziele des skizzierten Vorhabens AgiloDrive, welche im Rahmen gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten systematisch erarbeitet werden sollen:
- Etablierung eines integrierten Entwicklungsprozesses für elektrische Traktionsmotoren unter Berücksichtigung technologie- und marktrobuster Baukästen, durchgängiger Simulationsketten sowie digitaler Prozessabbilder.
- Anwendungsspezifische Befähigung moderner Methoden des Product Lifecycle Managements zur nachhaltigen Stärkung der Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft im Kontext der E-Motoren-Produktion.
- Entwicklung eines agilen Produktionsbaukastens für die technologieflexible und modular skalierbare Herstellung elektrischer Traktionsmotoren.
- Erarbeitung einer zukunftsrobusten Struktur des Produktionssystems durch die Kombination universeller Kinematiken und hochproduktiver Sonderprozesse mit flexiblen Schnittstellen.
- Ableitung robuster Planungsmethoden zur produktspezifischen Konfiguration des Produktionssystems auf Grundlage flexibler Prozesse und modularer Werkzeugkonzepte.
- Befähigung moderner Methoden der virtuellen Prozessabsicherung zur Verkürzung zeit-, kosten- und ressourceneffizienter Phasen des Produktionsanlaufes sowie frühzeitigen Validierung eines fertigungsoptimierten und anwendungsgerechten Produktdesigns.
- Implementierung eines agilen Produktionssystems für die wirtschaftliche Herstellung elektrischer Traktionsmotoren in variabler Stückzahl und Technologie.
- Einbeziehung und Befähigung lokaler Lieferanten zum Aufbau einer von kritischen Versorgungssituationen unabhängigen Lieferkette leistungsbestimmender Komponenten, insbesondere im Bereich der Fertigung von Hochleistungsmagneten.
Laufzeit: 01.05.2020 – 30.04.2021 | Fördervolumen: ca. 1 Mio. € | Az. 3-4332.62-KIT/12: Pilotphase |